Liebe Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Interessierte,

mit diesem Blog wollen wir als Gewerkschaft ver.di euch / Sie über aktuelle Vorgänge beim Baur-Versand Burgkunstadt transparent und schnell informieren und euch / Ihnen Gelegenheit geben, sich zu äußern.Wir haben uns für diese Informationsverbreitung aus unterschiedlichen Gründen entschieden: Zum einen seid ihr / sind Sie so nicht mehr auf Gerüchte angewiesen, die ja alltäglich aufkommen, zum anderen kommen über diesen Kanal Informationen aus erster Hand blitzschnell zu Euch / Ihnen nach Hause. Wir werden unser Bestes geben, so aktuell wie möglich, und so ausführlich wie nötig zu informieren. Gerne könnt ihr Euch / können Sie sich durch Kommentare einbringen. Zensur wird unsererseits bei Einträgen ausgeübt, die offensichtliich unfair sind, klar die Unwahrheit verbreiten oder ins Niveaulose abgleiten.Wir wünschen uns und euch / Ihnen viel Spaß beim Lesen und Schreiben und Kommentieren.
Euer / Ihr ver.di-Blog-Team

Montag, 22. Juni 2015

Streiks für gute und gesunde Arbeit

Aktionswoche bei Amazon in Graben

Graben bei Augsburg, 22.06.2015. Im Kampf um existenzsichernde Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge bei Amazon werden die Beschäftigten am Standort in Graben bei Augsburg am Montag, den 22. Juni mit der Frühschicht zum Streik aufgerufen. Im Kampf um gute und gesunde Arbeit sind Tarifverträge und die Begrenzung von Willkürbefristungen wichtige Schritte.

„Gesundheitsgefährdender Leistungsdruck, wenig Respekt, vielfach schlechte Führung und Arbeitsplatzunsicherheit zeichnen leider immer noch die Arbeitsbedingungen bei Amazon aus. Tarifbindung durch faire Tarifverträge ist ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Situation“, erklärt Thomas Gürlebeck, ver.di Streikleiter in Graben.

„Wenn ein Viertel der Belegschaft dauerkrank ist und die Geschäftsführung sich handlungsunfähig zeigt, muss mehr gute und gesunde Arbeit durch Tarifverträge durchgesetzt werden“, so Gürlebeck weiter.

„Der Kampf um existenzsichernde Tarifverträge bei Amazon hat nicht nur elementare Bedeutung für die Beschäftigten bei Amazon sondern für den gesamten Einzelhandel. Wenn transnationale Konzerne sich Wettbewerbsvorteile auf dem Rücken der Beschäftigten verschaffen, heizt dies den ruinösen Verdrängungswettbewerb im Handel noch weiter an“, so Hubert Thiermeyer, Leiter in ver.di für den Handel in Bayern. 

„Amazon diktiert momentan einseitig die Löhne, überwacht die Beschäftigten und setzt sie einem gesundheitsschädlichen Leistungsdruck aus. Viele Kunden und Beschäftigte akzeptieren dies auf Dauer nicht“, erklärte Hubert Thiermeyer.

Die Beschäftigten werden ab 5.45 Uhr in den Ausstand aufgerufen. Ab 14.30 Uhr wird die zweite Schicht in den Streik gerufen.

Mittwoch, 3. Juni 2015

Neues zum Standort Seewiese

Durch den Weggang des Kunden Fressnapf gehen am Standort Seewiese 138 Arbeitsplätze verloren.

Die Verhandlungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat zu einem Interessenausgleich und einem Sozialplan sind inzwischen abgeschlossen.

Diese Unterlagen wurden den Beschäftigten am BFS-Standort Seewiese bereits durch den Betriebsrat ausgehändigt.

Dazu auch ein Pressebericht von www.infranken.de vom

Vom schmerzhaften Verlust eines Kunden

Fressnapf suchte sich einen anderen Dienstleister, und 138 BFS-Mitarbeiter in Burgkunstadt verlieren ihre Jobs. Die Kündigungen werden in diesen Tagen ausgehändigt. Was zählt in dieser Branche?
Der Baur-Betriebsrat arbeitet derzeit den Sozialplan für die geplanten Entlassungen aus. Die Belegschaft des zur Unternehmensgruppe gehörenden Logistik- und Kommunikationsdienstleisters BFS (Baur Fulfillment Solutions) ist informiert, dass am Standort Seewiese 138 Stellen abgebaut werden. Noch bis Ende Juni werden dort die Aufträge für Fressnapf erledigt. Danach wird der auf Heimtierbedarf spezialisierte Händler mit einem anderen Partner zusammenarbeiten.

Auch wenn das Damokles-Schwert der Kündigung schon seit einigen Monaten über dem Team schwebt, gibt es noch keine Gewissheit, wen genau es treffen wird. Betriebsratsvorsitzender Horst Bergmann geht davon aus, dass die Kündigungen "Ende dieser oder Anfang nächster Woche" ausgehändigt werden.


Kündigungen in diesen Tagen

Da in dem Fulfillment-Bereich - ganz anders als sonst bei Baur - eine sehr hohe Fluktuation herrsche, handele es sich insgesamt um eine junge Belegschaft, was die Betriebszugehörigkeit angeht, erklärt Dominik Datz von der Gewerkschaft Verdi. Er ist zuständig für den Fachbereich Handel in Oberfranken-West. Manche der Mitarbeiter müssten daher wohl noch in der kündigungsschutzfreien Zeit wieder ihren Hut nehmen.

Die Beschäftigungsverhältnisse bei BFS entsprechen laut dem Gewerkschaftssekretär nicht dem sonstigen Baur-Standard. Nicht zuletzt hieraus resultiert wohl auch der Wunsch, bei der nächsten Gelegenheit, 2018 wäre das, einen eigenen Betriebsrat zu wählen. Es hätten hierzu bereits Gespräche mit dem Arbeitgeber stattgefunden, berichtet Datz. Logistik-Dienstleistungen im Bereich E-Commerce seien ein sehr umkämpfter Markt, schildert der Verdi-Vertreter weiter. Die Branche befände sich in einem "irrsinnigen Wandel" und bei dem Versuch, so viel wie möglich von dem Kuchen abzubekommen und sich erst einmal am Markt zu etablieren, seien Unternehmen mitunter bereit, bis an die Grenze der Wirtschaftlichkeit zu gehen.

Das sei bei BFS eben nicht der Fall gewesen, unterstreicht Baur-Pressesprecher Manfred Gawlas - auch wenn laut Verdi auch dort noch keine schwarzen Zahlen geschrieben werden. Man habe, so Gawlas, sehr lange mit Fressnapf verhandelt und dann abgebrochen, als es wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll erschien. Dass jetzt Kündigungen ausgesprochen werden müssen, sei eine schmerzhafte Erfahrung. "Es geht immer um den Preis" , merkt auch Betriebsratsvorsitzender Bergmann an.

Fressnapf: "Kein Kostendrücken"

Aus der Fressnapf-Zentrale hört man allerdings etwas anderes. Man habe den Vertrag mit Baur fristgerecht gekündigt. In diesem Zusammenhang sei eine Ausschreibung erfolgt, an der sich übrigens auch Baur beteiligt habe. Die Wahl sei aber auf Arvato gefallen, ein renommiertes Unternehmen, von dem man sich einen noch besseren Service und reibungslosere Prozesse erwarte, wie eine Unternehmenssprecherin erklärt. "Wir wollen neue und verbesserte Dienstleistungen anbieten."

Die Sprecherin verneint, dass es darum gegangen sei, Kosten zu drücken. Man habe das gesamte Warenwirtschaftssystem auf SAP-Software umgestellt und mit Arvato einen Dienstleister gewählt, der auch mit diesem System arbeitet - im Gegensatz zu BFS. Die Infrastruktur soll ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Von dem Standort direkt an der Autobahn A 9 im Landkreis Anhalt-Bitterfeld verspricht sich Fressnapf eine schnellere Abwicklung.

Die Software-Umstellung auf SAP durch Fressnapf hat bei BFS zu Verzögerungen geführt, wie Baur einräumt. Sprecher Manfred Gawlas erklärt das allerdings so: "Fressnapf hatte im Rahmen der eigenen Systemumstellung auf SAP Anfang 2014 mit massiven Schwierigkeiten zu kämpfen. Die System-Umstellung betraf auch die Schnittstellen zur BFS." Die Herausforderungen während der Umstellungsphase hätten jedoch rasch gemeistert werden können. "Seitdem laufen die Systeme nahezu reibungsfrei."

Sieht man sich vor diesem Hintergrund dennoch veranlasst, eine Systemumstellung auf SAP - ein weit verbreitetes, aber auch teures System - zu überdenken, weil das eventuell für die Akquise neuer Kunden von Vorteil wäre? Dazu sagt Gawlas, BFS verfüge über leistungsfähige, robuste und flexible IT-Lösungen. Die verwendeten Systeme seien SAP-kompatibel und bei wichtigen Bestandskunden im Einsatz.


Des einen Leid, des anderen Freud

Während BFS in Burgkunstadt sich gezwungen sieht, durch die Entscheidung von Fressnapf Arbeitsplätze abzubauen, freut man sich in Sachsen-Anhalt. In das ehemalige Neckermann-Logistikzentrum Heideloh wird nach zwei Jahren Leerstand wieder Leben einziehen. Arvato hat es für fünf Jahre angemietet. Eigentümer ist eine Immobilien-Management-Gesellschaft, die das Objekt nach der Insolvenz des Versandhändlers erworben hatte. Von dort aus sollen künftig das Online-Geschäft für Fressnapf erledigt und dafür 120 Mitarbeiter neu eingestellt werden.

Sieht so heute die Wertschätzung in der BFS aus?

Mit dem Mai-Gehalt haben die Baur-Beschäftigten aufgrund des guten Betriebsergebnisses im zurückliegenden Geschäftsjahr eine Prämie von 100 Euro erhalten. Eine sehr erfreuliche Entscheidung der Baur-Geschäftsführung die verständlicherweise auf sehr positive Resonanz bei allen gestoßen ist. Im Nachgang wurden aber einige Beschäftigte leider von dieser Regelung ausgenommen.
Hierzu hat uns nun eine Stellungnahme betroffener Mitarbeiter erreicht:
 
So sieht Wertschätzung heute aus.

In der letzten Woche wurden in BFS-Kundenkontakt die Mitarbeiter mit Baur-Verträgen vom BFS-Geschäftsführer Herrn Dr. Dahm und dem Bereichsleiter Herrn Maier kurzfristig zu einer Inforunde eingeladen. Dort erfuhren sie, dass die, in der letzten Betriebsversammlung von Baur-Geschäftsführer Herrn Klein angekündigte Bonuszahlung von 100,00 € für alle Baur-Mitarbeiter, den Baur-Kollegen die an die BFS “ausgeliehen” sind, wieder gestrichen wurde.

Für die Kolleginnen und Kollegen, die schon seit 15, 20, 25 Jahren und länger für die Firma Baur arbeiten, die sich noch mit ihrer Firma identifizieren und in schwierigen Zeiten auch auf vieles verzichtet haben, z.B. 3 Jahre lang Überstunden ohne Bezahlung geleistet haben, war das ein Schlag ins Gesicht.

Geschäftsführer und Vorgesetzte einer Firma, die erst seit 10 Jahren besteht  und durch eine sehr hohe Fluktuation von Führungskräften und Mitarbeitern traurige Bekanntheit erreicht hat, können das wahrscheinlich nicht nachvollziehen.

Die Angst “Begehrlichkeiten zu wecken” haben die BFS-Geschäftsführung wohl dazu veranlasst, auf die Baur–Geschäftsführung einzuwirken, den Bonus für die “Leiharbeiter” wieder zu streichen.

Uns geht es nicht um die 100,00 € Bonus. Wir verstehen auch sehr gut den Unmut der Kollegen aus der BFS, die gegen diese Bonus Zahlung protestieren. Sie bekommen seit Anfang des Jahres gerade mal den Mindestlohn und müssen aufgrund des Fressnapf-Debakels auch noch um Ihren Arbeitsplatz fürchten - wenn Ihre Geschäftsführung nicht bald Ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommt.

Statt neue Kunden zu finden, macht man sich derzeit Sorgen um die einheitliche Gestaltung der Arbeitsplätze (Modell Legebatterie) und den Schallschutz der durch das Anbringen persönlicher Bilder am Arbeitsplatz angeblich nicht gewährleistet ist.

Leider fehlt unseren jungen Kollegen aus der BFS teilweise noch das Wissen, das die alten Baur-Hasen im Laufe der Jahre sammeln konnten. Liebe BFS-Kollegen, euer verständlicher Wunsch nach mehr Lohn wird wahrscheinlich nicht erfüllt. Im Gegenteil, eure Geschäftsführung sagt sich “IZMIR*- doch egal” (Hauptsache mein Bonus und meine Benefits stimmen). Eines Tages wird es einen Anbieter (wahrscheinlich im Ausland*) geben, der bereit ist, eure Arbeit für noch weniger Lohn zu machen. Dann wird man Euch ebenfalls die gleiche Wertschätzung entgegenbringen, wie uns heute.

Auch wir haben einmal angefangen und schon damals gab es Kollegen mit längerer Betriebszughörigkeit, die Arbeitsverträge mit noch besseren Konditionen unterschrieben hatten. Auch wir haben protestiert gegen die unterschiedlichen Gehälter. Wir haben damals die Einsicht gewonnen, dass der höhere Lohn durch die langjährige Erfahrung und Kompetenz der Kollegen durchaus gerechtfertigt ist. Diese Kolleginnen und Kollegen haben uns von Ihrer Erfahrung profitieren lassen, waren immer bereit, Ihr Wissen mit uns zu teilen und haben jedem geholfen der bereit war, sich helfen zu lassen.

Diese Einstellung ist heute, genau wie wir, zum Aussterben verdammt. Die jungen BFS-Kollegen und die Baur-Dinos werden regelrecht gegeneinander ausgespielt - Neid und Misstrauen wird bewusst geschürt. Fragt einer mal um Rat oder will jemand umgekehrt dem Kollegen helfen, werden beide gerügt, was es da so lange zu quatschen gibt. In Vorträgen wird immer süß von Zusammenwachsen, Miteinander und gemeinsamer Zukunft gesäuselt. In der Realität zählt nur die Produktivität – der Mensch ist ein Kostenfaktor unter Generalverdacht. Zusammenhalt, Vertrauen und gegenseitige Unterstützung ist unerwünscht. Es lebe der Konkurrenzkampf und die Manipulation.

Das Gefühl, ein zu hoher Kostenfaktor zu sein - den man möglichst schnell und billig los werden möchte - wird uns schon seit längerem vermittelt. Durch diese Absage ist nun jedem endgültig klargemacht worden, wie es mit der vielbeschworenen Wertschätzung tatsächlich aussieht. Die Baur-Kolleginnen und Kollegen, die an die BFS “verliehen” wurden, sind offenbar Baur-Mitarbeiter 2. Klasse die einen Bonus nicht verdienen, obwohl Sie wie alle anderen für den Geschäftserfolg gearbeitet haben. Jeder kann sich vorstellen, wie sich diese Entscheidung auf Ihre weitere Motivation auswirkt.

Das Problem ist weniger der abgelehnte Bonus, sondern auch die Angst, was als Nächstes kommt. Viele fürchten, dass auch das Weihnachtsgeld oder das Urlaubsgeld bei der Firmenleitung “Begehrlichkeiten” weckt. (Info für BFS-Kollegen: vor langer, langer Zeit gab es einmal ein 13.Monatsgehalt - dann war es nur noch ein Anteil...... Fortsetzung folgt...)

Es gibt aber auch Positives zu berichten: Seit der Bekanntgabe der Entscheidung, hat sich das Interesse an einer Mitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di spürbar gesteigert (denn nur Gewerkschaftsmitglieder haben einen Anspruch auf tarifliche Leistungen wie 6 Wochen Urlaub, Urlaub- und Weihnachtsgeld usw.!). ver.di wird wohl demnächst ein Dankesschreiben an Herrn Dr. Dahm senden dürfen – für die engagierte Werbung der vielen neuen Mitglieder.

Übrigens:
Viele fragten sich während der Inforunde - wo steckt eigentlich der Betriebsrat? Die Kollegen vom BR wurden am Tag vor der Inforunde erst relativ spät per Mail informiert, wohl wissend, dass am nächsten Tag eine BR-Sitzung stattfindet. Eine Unterbrechung der Sitzung oder ein Verlassen der Sitzung durch einzelne Mitglieder hätte zumindest größere Probleme bereitet. Und bis das alles erledigt ist, ist die Inforunde dann auch schon vorbei.
 
Der BR hat gegen diese ganze Aktion geschlossen protestiert.
 
 
Ist das die neue Wertschätzung in der BFS?
vorher: 


nachher: 

Macht und Herrschaft der G7

vom isw – Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. aus München